Yamaha AS3

BAUJAHR – 1971
LEISTUNG – 
VMAX – 120 km/h
SONSTIGES – 124ccm, Yamaha Mandarin Orange

Irgendwann bin ich morgens aufgewacht und stellte fest, dass ich überhaupt keine Probleme habe. Also dachte ich mir: „Dann mach ich mir eben welche!“
Nachdem ich mich auf eBay-Kleinanzeigen in eine 1971er Yamaha AS3 schockverliebt hatte, versprach diese meiner Vorstellung von Problemen durch Unauffindbarkeit der Schlüssel und das Fehlen sämtlicher Papiere gerecht zu werden. Obendrein war sie bisher nur in Frankreich zugelassen. Perfekt!

Als die aktuelle Ausgabe der „Motorrad Klassik“ einen Artikel über eben jene Maschine in den gleichen betörend schönen „Yamaha Mandarin Orange“ herausbrachte, gab es kein Halten mehr! Ich musste sie haben. Also zahlte ich sie ungesehen an und fuhr die darauffolgende Woche los.

Vor Ort erhielt mein Enthusiasmus dann einen leichten Dämpfer: Rückleuchte, Luftfilterdeckel und Drehzahlmesser fehlten. Letzterer wurde einfach vom Instrumententräger gepflückt und die Drehzahlmesserwelle einfach gekappt.

Der Tank, den ich bis dato für das Schmuckstück der Yamaha gehalten hatte, war durchgerostet und nach französischer Art mit irgendeiner Pampe zugeschmiert worden.

Eine Bestandsaufnahme ergab, dass einiges besser, das Meiste aber schlechter war, als erwartet.

Da ich einige Veränderugen vorhatte, und auch ein neues Zündschloss angebracht werden musste, wurden erst einmal Teile der Elektrik zerpflückt.

Ursprünglich hatte ich gar nicht beabsichtigt, den Motor auszubauen, da dieser lief und sämtliche Gummis und Dichtungen ziemlich neu wirkten.

Letzten Endes habe ich ihn dann doch teilzerlegt, gereinigt…

…und Zylinder, Köpfe und einige weitere Teile glasperlgestrahlt,

…wie etwa der neue (gebrauchte) Tank und die neuen (gebrauchten) Seitendeckel.
Mittlerweile kristallisierte sich heraus, dass die Teilesuche sowohl beim Yamahahändler als auch im Internet irgendwo zwischen demotivierend und frustrierend angesiedelt war. Der Händler war zwar in der Lage, mir mitzuteilen, dass alle benötigten Teile nicht mehr lieferbar seien, aber mit der Kenntnis der Originalpreise Gebrauchtteile in diversen Auktionsplattformen aufzutun, erforderte eine immens hohe Frustrationsschwelle und den einen oder anderen Tourette-Anfall!
So sind die Seitendeckel ein Kompromiss aus einem früheren Baujahr, weil die Originalen einfach nicht aufzutreiben sind. Ich musste die Halter abtrennen und versetzen, damit sie an den Rahmen passen.

Der Ölpumpendeckel vor…

…und nach der Aufarbeitung. Leider ist auch der metallene Aufkleber nicht mehr zu bekommen, also musste ich ihn ausbessern und aufpolieren.

Mit frischen Dichtungen…

…wurden die demontieren und mit hitzebeständigem Lack versehenen Anbauteile zurück an ihre Position gebracht.
Ich vermute mal, dass der Schwager des damaligen Yamaha-Chefs wohl eine Kreuzschlitzschraubenfabrik hatte, anders kann ich mir den unsinnigen Einsatz dieser Fixierungshilfen am MOTORBLOCK einfach nicht erklären! Ich habe sie durch Inbusschrauben ersetzt.

Nach so langer Standzeit waren die Vergaser ziemlich angegriffen.

Die Bedüsung war komplett verstopft mit einer Mischung aus 2-Takt-Gelee und Bauxit, welches sich…

…aus der Schwimmerkammer gelöst und auch am Schwimmer festgesetzt hatte.

Nach dem Ultraschallbad und etwas Gefummel waren die Vergaser wieder sauber. Die Bedüsung habe ich, zusammen mit der Schwimmerkammerdichtung ersetzt, den hier gab es (oh Wunder!) tatsächlich noch Ersatz!

Ich bin dann tatsächlich noch bei meiner Suche nach einem Drehzahlmesser fündig geworden! Zwar werden für RD und AS immer wieder welche angeboten, aber die Kombination aus Chromgehäuse, drei Signalleuchten und zweifarbiger Nadel ist selten und wirklich schwer zu bekommen!
Nachdem mir ein obszön zu nennender Betrag von meinem Konto gehobelt wurde hielt ich das Prachtstück nach drei Tagen in den Händen. Das Teil war in gutem Zustand…

…was man von dem original verbauten Geschwindigkeitsmesser nicht behaupten konnte.

Nach exzessivem Einsatz von Druckluftdrahtbürste, immer feiner werdendem Schmirgelleinen und Schleifvlies…

…arbeitete ich mich noch einen ganzen Nachmittag mit Schleifpaste und Politur an ihm ab, bis ich dieses Ergebnis hatte.

Inzwischen sah die AS3 aus wie ein explodierter Karpfen. Trotzdem ging es weiter vorwärts. Kleine Änderungen am Rahmen waren notwendig, um die Caféracer-Sitzbank montieren zu können. Der Rahmen ist angeschliffen und lackiert.

Nach Aufbereitung der Felgen warten ein paar neue Reifen, Schläuche und Felgenbänder auf sie. Ironischerweise einer der günstigeren Posten.

Beim MotoCross durch französische Spargelfelder scheinen die vorderen Dämpfer den einen oder anderen Steinschlag abbekommen zu haben…

…die ich mit 80er Schleifleinen liebevoll herausgearbeitet habe. Und genauso liebevoll lackiert.

Lampentopf, Seitendeckel und Tank sind bereit zum Lackieren.

Leider ist die AS3 mal unsanft abgelegt worden, was das rechte Griffstück verbogen hat.

Normalerweise hätte ich einen neuen M-Lenker montiert, allerdings scheine ich da etwas ganz Besonderes zu haben, denn er ist dreiteilig und in Neigung und Griffwinkel einstellbar. (Falls jemand Informationen darüber hat, bitte melden 😉)
Letzten Endes habe ich das Griffstück begradigt und den Flugrost entfernt.

Die ziemlich verrostete Auspuffanlage wurde nur aufpoliert.

Improvisation, die erste:
Der hintere Fender war nicht mehr zu retten. Versuche mit Teilen von Gilera, Yamaha RD und irgendwelchen Universalfendern schlugen fehl.

Also habe ich den vorderen Kotflügel einer MZ mit dem vorderen Teil des originalen hinteren kombiniert.

Der Reflektor des RD-Teils wurde aufbereitet und an das Schutzblech geschraubt

In Kombination mit der Zubehör-Rückleuchte kann sich das Ergebnis sehen lassen.

Improvisation, die zweite:
Trotz akribischer Ordnung ist mir die Schraube des Trommelbremsenankers abhanden gekommen. Blöderweise eine M8 mit 15er Schlüsselweite, die ich einfach nicht auftreiben konnte. Abhilfe schaffte hier das Schweißgerät, indem ich an jede Ecke des Sechskants einen Hefter setzte.

Improvisation, die dritte:
Damit sich die Verkabelung der Heckleuchte nicht aufscheuert, hatte Yamaha eine Gummimuffe im Kotflügel installiert. Die war nach 50 Jahren verständlicherweise ziemlich hinüber und hatte die Konsistenz von Fensterkitt.

Abhilfe schaffte hier einfach ein abgeschnittenes Ventil, durch die ich die Kabel führte.

50CCM KÖNIGE HANAU E.V.